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5. März 2021
Pflegerisiko: Sogar Sparguthaben von Enkeln können vom Sozialhilfeträger eingefordert werden

Ein Urteil des Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Cel­le hat weit­rei­chen­de Fol­gen für Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge von pfle­ge­be­dürf­ti­gen Ange­hö­ri­gen. Um fol­gen­den Fall han­delt es sich, bei dem sich sicher­lich vie­le wiederfinden: 

Monat für Monat hat­te die inzwi­schen ver­stor­be­ne Groß­mutter jeweils 25 Euro auf die eigens dafür ein­ge­rich­te­ten Spar­kon­ten ihrer Enkel ein­ge­zahlt – und das neun bezie­hungs­wei­se elf Jah­re lang. Der Wunsch dahin­ter: Ihre bei­den Enkel soll­ten nach Ablauf von 25 Jah­ren über das Kapi­tal ver­fü­gen dür­fen. Doch dann wur­de die Groß­mutter zum Pfle­ge­fall. Die Groß­mutter, die die Zah­lun­gen an ihre Enkel bereits vor­her ein­stel­len muss­te, wur­de voll­sta­tio­när in einer Pfle­ge­ein­rich­tung unter­ge­bracht. Weil sie die über die Zah­lun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung hin­aus­ge­hen­den Kos­ten nicht selbst auf­brin­gen konn­te, sprang das Sozi­al­amt ein. Doch die Behör­de gab sich damit nicht zufrie­den und woll­te sich das Geld wie­der zurück­ho­len. Der Sozi­al­hil­fe­trä­ger mach­te Gebrauch von sei­nem Aus­kunfts­an­spruch und erhielt so Kennt­nis von den Spar­kon­ten. Damit kam der Stein ins Rollen.

Das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Cel­le gab dem Sozi­al­hil­fe­trä­ger nun recht. Die Rich­ter ent­schie­den, dass Zah­lun­gen an Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge zurück­ge­for­dert wer­den kön­nen, wenn sie über meh­re­re Jah­re monat­lich erfol­gen und dem Auf­bau eines Ver­mö­gens die­nen. Dem Urteil zufol­ge stel­len über meh­re­re Jah­re monat­lich geleis­te­te Zah­lun­gen an Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge zum Kapi­tal­auf­bau kei­ne “pri­vi­le­gier­ten Schen­kun­gen” im Sin­ne von § 534 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) dar. Der Sozi­al­hil­fe­trä­ger kann das Geld laut Gericht daher zurück­for­dern, wenn der Schen­ker selbst bedürf­tig wird und des­halb Leis­tun­gen von einem Sozi­al­hil­fe­trä­ger bezieht (Urt. v. 13.02.2020, Az. 6 U 76/19). Kei­nen Ein­fluss auf den Fall hat­te übri­gens das am 1. Janu­ar 2020 in Kraft getre­te­ne Ange­hö­ri­gen-Ent­las­tungs­ge­setz. Dort ist gere­gelt, dass nahe Ange­hö­ri­ge erst dann einen antei­li­gen Ersatz der Pfle­ge­kos­ten leis­ten müs­sen, wenn sie ein Jah­res­ein­kom­men von mehr als 100.000 Euro aufweisen.

Vie­len ist nicht bekannt, dass die Pfle­ge­ver­si­che­rung nicht alle dro­hen­den Kos­ten abdeckt. In vie­len Finanz­be­ra­tungs­ge­sprä­chen wer­den die Kon­se­quen­zen einer Pfle­ge­be­dürf­tig­keit aus­ge­klam­mert oder sogar voll­stän­dig igno­riert. Auf­klä­rung tut drin­gend Not, damit die Betrof­fe­nen und deren Fami­li­en nicht unnö­tig in finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten gera­ten Pro­fes­sio­nel­le Finanz­pla­ner decken Defi­zi­te auf.

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